
Es waren einmal die Bremer Stadtmusikanten in Sülz ... (Chronik)
Hier der Künstler der die Holzfigur schnitze...
Fritz Bernuth (* 19. Januar 1904 in Elberfeld; † 22. Mai 1979 in Wuppertal) war ein deutscher Bildhauer und Porzellandesigner.
 Fritz Bernuths „Hauptfach", sein Ansatz bildnerischer Tätig- 
  keit ist die Tierplastik: nach eigener Auskunft eine Neigung, 
  die sich bis in seine früheste Kindheit nachweisen läßt. 
  In einem Alter, in dem mancher Spielgefährte mit einer 
  Lebensstellung bei der eben erst zehn Jahre alten Schwebe- 
  bahn liebäugeln mochte (später dann vielleicht unglücklicher- 
  weise eine väterliche Textilfabrik übernehmen mußte), hat 
  der fünfjährige Bernuth unermüdlich Tiere geformt und es 
  später auch noch  gewagt, damit „sein Leben zu  machen". — 
  Diese  Vorgeschichte einer „Berufswahl" scheint mir er- 
  wähnenswert, weil sie ebenso  untypisch für jedermann wie 
  typisch für Fritz Bernuth ist und für die Art, wie er seine Arbeit 
  anfaßt. Da gab es keine  „Hinwendung zur Tierplastik" 
  irgendwann, nicht die ratenden  Mäzene, die sagten „du 
  mußt ...,  keinerlei Bekehrung mittendrin, sondern die aus 
  der Kindheit hinübergerettete und seither stetig verfolgte Idee, 
  Tiere zu „machen, wie sie wirklich sind". 
  Die Konkurrenz in diesem Metier  ist, wie zunächst scheint, 
  enorm; weniger von  den Lebenden, als von Toten: Jahr- 
  tausendelang  haben   Menschen Tiere dargestellt, um ihnen auf 
  die Spur zu   kommen; als Götterbilder, Schriftzeichen oder 
  auch Hausgerät, auf Wappen,  Kneipenschildern und Fabrik- 
  marken figurieren Tiere seit Menschengedenken;   und diese 
  Domestizierung ließ sie mit der Zeit heraldisch-ornamental 
  erstarren oder sich platterdings vermenschlichen: selten 
  haben Künstler die Balance  so sicher gehalten wie die 
  Ägypter  des alten und mittleren Belches. — Tiere so machen, 
  wie sie wirklich sind — unter diesem Aspekt schrumpft die 
  geschichtliche Konkurrenz  nun beträchtlich zugunsten von 
  Fritz Bernuth; denn Voraussetzung für solches Machen ist, 
  daß man  sie zunächst so sieht, wie sie wirklich sind. 
  Um  Tiere aber so sehen zu können,  muß man  sie und ihr 
  Verhalten genau beobachten  und dabei  möglichst alles ver- 
  gessen, was  Menschen ihnen im Lauf der Zeit an Eigen- 
  schaften angedichtet und  in sie hineingesehen haben. Tiere 
  schließlich so zu „machen, wie sie wirklich sind", heißt: 
  mit einer ganzen  Kette künstlerischer Formvorstellungen un 
  Traditionen zu brechen, heißt ständig neu ansetzen, eigene 
  Erfahrungen und formale Lösungen   immer  wieder an der 
  Wirklichkeit messen; heißt letztlich: sich nur auf zweierlei 
  verlassen zu können, nämlich auf die eigene   Wahrnehmung 
  und die eigene bildnerische  Fähigkeit. Tierbildhauerei die 
  Spezies  basiert nicht auf der skizzierten jahrtausende- 
  alten Tradition, sondern reicht erst knapp hundert Jahre 
  zurück: zu jenen „Realisten", die unter dem Eindruck von 
  Wissenschaften und  Technik des  „bürgerlichen Zeitalters" 
  Grundlagen und Funktion ihrer Kunst neu formulieren mußten. 
  Die besten Resultate dieser kunstinternen „Inventur" — sach- 
  bezogene  Beobachtung  der Wirklichkeit und ihre material- 
  gerechte Formulierung  — wurden  maßgebend  auch für die 
  Kunst unseres Jahrhunderts. 
Seiner eigensten Veranlagung folgend, konnte sich Fritz
Bernuth ein solches künstleriches Programm vollkommen
Zu eigen machen. Von Anfang an war „Therorie“ für ihn im
Ursprünglichen Sinn des Wortes die „Anschauung“: die
Ständige Beobachtung seiner „Objekte“ der Tiere (schon als
Kind hatte er übrigens seine Tiere offensichtlich schon als
 „Objekte“ betrachtet: den Figürchen die er machte, fehlten
Augen – ein „Subjekt“! müßte Augen haben!) Diese Studie
einzelner Tierarten ziehen sich meist über Jahre hin und
erstrecken sich weniger auf die anatomische Form, als viel-
mehr auf die  Lebensgewohnheiten. Bernuth registriert hier
wie ein Wissenschaftler (unnötig fast, zu erwähnen, daß er es
an biologischen Kenntnissen inzwischen  mit einem Ver-
haltensforscher aufnehmen kann): Skizzen, Zeichnungen   vor
der Natur gibt es bei ihm nicht; Ziel seiner Beobachtungen ist
nicht die Momentaufnahme,   sondern eine Summe  von
Informationen über das Charakteristische, Wesentliche seiner
Studienobjekte. Is Bildhauer reagiert Fritz Bernuth also
niemals unmittelbar vor dem Objekt, sondern   irgendwann
einmal später in seinem Atelier, wenn er längst die Summe
seiner   Beobachtungen gezogen hat. Dann aber ist er mit
derselben Ausschließlichkeit Bildhauer, Handwerker wie er
vorher Beobachter  und Forscher war;  die bildnerische Praxis
Bernuths vollzieht sich als exakter Parallelprozeß zu seinen
Studien. Auch im Werkstattbereich gibt es keine vorbereiten-
den  Zeichnungen; „skizziert" wird unmittelbar in Ton oder
Gips, und von vornherein mit dem Ziel, die  Summe der
Beobachtungen  auf eine gültige bildnerische Formel zu
bringen. Für eine solche bildnerische Formulierung seines
„Begriffs" von einer Tierart hat er, wie er gesteht, oft so viel
Zeit verwenden müssen, wie es vorher gedauert habe, durch
stetige  Beobachtungen auf eben diesen „Begriff" zu kommen.
Dieser „Begriff" ist — kunsttheoretisch gesehen— eine kantige
Sache: ein Abstraktum, nicht recht zu fassen; er pendelt
zwischen „Kunst"  und „Leben", trägt Züge von Platons
„Idee", kommt aber nicht vom  Himmel;  am Ende  ist er ganz
handfest als Leistungskriterium gemeint, als selbstgesetzter
Maßstab. Jedenfalls liegt hier der Grund für die Zähigkeit,
mit der Bernuth einmal gefundene Formulierungen ständig
revidiert, korrigiert und oft in mehreren Fassungen durch alle
Materialien und Formate gleichsam „dekliniert". Nur beim
„Machen"  — scheint es — entscheidet sich die Kongruenz von
Wirklichkeit und Vorstellung, ergibt sich das Ideal eines
wirklichen, wesentlichen Abbildes.
Ende der fünfziger Jahre gewinnt das „Machen"   noch einmal     
besonderes Gewicht  im Oeuvre Bernuths.  Die  gewohnte   
Klausur in der Werkstatt, die ständige Suche nach Formeln 
für figürliches Abbilden führten ihn wie selbstverständlich in 
ein Gebiet, dem er zuvor stets skeptisch begegnet war: die 
Abstraktion. Möglicherweise hatte schon vorher, kurz nach 
Kriegsende, ein Lehramt an der Holzschnitzerschule 
Berchtesgaden  seinen Widerstand gegen Nicht-Figürliches 
insgeheim  brechen können; und  vielleicht wird man einmal 
die damals entstandenen Gebrauchsgegenstände    — Holz- 
bestecke, Schüsseln etc. — als seine ersten abstrakten 
Arbeiten und als Vorstufen für Späteres ansprechen — Tat- 
sache ist, daß er kurze Zeit danach, schon in Wuppertal 
ansässig, „frei schaffend" die ersten Skulpturen machte, die 
kein „Abbild" mehr  waren: der "Begriff" wurde als medium. 
comparationis entlassen, die Formel präsentierte sich als 
autonomes  Gebilde. Interessant die Zwischenstufe: der 
plastisch gebildete „Satz des Pythagoras".; ein Spiel mit dem 
Begriff der „Formel". „Das Quadrat über der Hypotenuse 
ist  wiederholen Sie, Bernuth!...": Bernuth wiederholte; 
in fast zehn Fassungen, vom Modell bis zur  Monumental- 
plastik. Danach wurde Handwerkliches,  wie Schwalben- 
schwanzverbindungen, statische wie ästhetische Ausgewogen 
heit, unmittelbar zum Motiv: der Diener wurde sozusagen 
zum Herrn.  Das  Oben konnte —  entsprechend   jederzeit 
zum  Unten werden: eine Reihe  von „Umstellskulpturen" hatte 
mehrere Standflächen. Martialische Gebilde wie die 
 „Spanischen Reiter" entstanden: raumgreifende Holzgefüge 
von spontan einleuchtender Sperrigkeit. — Es sah alles aus 
nach Revolution, zumindest nach Revolte im Atelier. War der 
Tierbildhauer Fritz Bernuth ihr vielleicht zum Opfer gefallen? 
Die Antwort darauf kam während der Vorarbeiten zu dieser, 
ihm zum „siebzigsten"   gewidmeten kleinen Schrift: Ich hatte 
mich mit Fritz Bernuth in seinem Atelier verabredet und traf 
ihn, wie er zwischen den Holzgefügen saß und  an einer 
„Wildsau mit sieben Frischlingen" arbeitete: „Sehen Sie 
das Ding liegt jahrelang hier herum; heute hab' ich's mir 
noch mal   vorgenommen; ich glaube, jetzt ist es fertig ...                                                                       
 Die Frischlinge übrigens hatten keine Augen!
J.H.M
Textauszug zur Ausstellung vom 5.1.1974 - 10.2.1974 
Suse u. Fritz Bernuth
Wuppertal, Von der Heydt Museum
Verzeichnis der Skulpturen 1919 - 1973
--
Es gibt immer einen Weg zu uns allen - wir müssen es nur wollen
Mit lieben Grüßen euer Klaus
Internet: http://www.kinderheim-Koeln-suelz.de
Verantwortlich und Kontakt: https://kinderheim-koeln-suelz.de/?page_id=28
gesamter Thread:
- Es waren einmal die Bremer Stadtmusikanten in Sülz ... - 
hütchen, 
08.05.2019, 21:39 ![gesamten Thread öffnen [*]](themes/forum/images/complete_thread.png)  - Es waren einmal die Bremer Stadtmusikanten in Sülz ... - 
Klaus Grube, 
09.05.2019, 11:24
- Es waren einmal die Bremer Stadtmusikanten in Sülz ... - hütchen, 09.05.2019, 14:36
 
- Es waren einmal die Bremer Stadtmusikanten in Sülz ... - Peter H., 09.05.2019, 11:25
- Es waren einmal die Bremer Stadtmusikanten in Sülz ... - Klaus Grube, 09.05.2019, 14:43
 
- Es waren einmal die Bremer Stadtmusikanten in Sülz ... - 
Klaus Grube, 
09.05.2019, 11:24


